Ein unserer ersten Rekonstruktionen ist das Pilgerabzeichen des heilgen Reinoldus aus Dortmund (Kunera 00559). Es wird datiert auf die Zeit zwischen 1375 bis 1425, was ziemlich genau unserem Darstellungszeitraum entspricht. Das Original befindet sich in der Sammlung der Familie Van Beuningen in Langbroek in den Niederlanden. Leider ist vom eigentlichen Pilgerzeichen nicht mehr viel erhalten. Das fundstückt zeigt den unteren rechten Teil des Kopfes, den Rumpf mit dem rechten Arm, der ein Schwert hält, den Schild des Ritters (was das maßgebliche zur Identifizierung des Heiligen ist) und die Taille und einen Teil der Oberschenkel.
Anhand des Limburger Löwen auf dem Wappenschild wurde der Fund dem Reinoldus zugewiesen. Der heilige Reinoldus wird sowohl in Köln als auch in Dortmund verehrt. Köln, weil er dort gelebt und gewirkt hat.
Der Heiligenvita nach war Reinoldus ein ein Neffe Karls des Großen und begab sich nach Zwistigkeiten mit diesem auf Pilgerreise nach Jerusalem. Zurückgekehrt trat er als Mönch dem Kloster St.Pantaleon in Köln bei und verdingte sich als Steinträger am Kirchenbau des Hildebold-Doms. Da er für zu geringen Lohn arbeitete, zog er sich den Zorn und Neid der übrigen Arbeiter zu, die ihn mit einem Hammer töteten und in einem Sack in ein Wasser beim Rhein warfen. Eine gelähmte Frau wurde durch einen Traum an den Ort der Bluttat gerufen. Sie fand den Leichnam, der unter Wundern von ihr geborgen wurde. Darauf wurde sie von ihren Gebrechen geheilt. Gleichzeitig begannen auf wundersame Weise alle Glocken der Bischofsstadt Köln zu läuten. Der Sage nach gelang es nicht, den Toten in einer Kirche zu begraben. Der Karren fuhr von alleine los und rollte mit dem Toten von selbst einen anderen Weg und blieb erst in Dortmund stehen. An dieser Stelle errichteten die Dortmunder Bürger zu Ehren des Heiligen die Reinoldikirche. Von nun an war er hier Stadtpatron. Die Dortmunder widmeten daraufhin die Hauptkirche um und lagerten die Reliqiuen des Pantaleon aus Dortmund nach Köln um, bekamen dafür (vermutlich unter Anno II von Köln) die Reliqiuen des Reinoldus.
Die Spangen auf der Brustrüstung weisen auf den sog. Platen hin, eine aus Metallspangen und Stoff bestehenden Brustrüstung, die für das 14. Jh. typisch ist. Außerdem erkennt man den Schwertgurt und die Beintaschen des Platen. Im Gesicht und an dem, was unter den Beintaschen an Oberschenkel zu sehen ist, erkennt man Kettengefecht. Dies alles ist typisch für die Rüstung eines Adeligen des 14. Jh.
Das Fragment ist 27 x 20 mm groß. Laut Angabe zum Fund, wurde das Abzeichen ursprünglich mit einer Nadel befestigt, was für kontinentaleuropäische Pilgerzeichen eher unüblich ist. Üblicher waren Nähösen zum Annähen.
Anhand der Erkenntnisse aus dem Fundfragment sind wir von einer Rüstung mit Kettenbeinen, Kniekacheln und Plattensabatons ausgegangen. Zudem läßt das Kettengeflecht am Kopf auf eine Kettenbrünne mit konischem Helm schließen. Helm und Brünne konnten zu der Zeit einzeln getragen oder verbunden sein. Dann war das Geflecht mit Nieten am Helm befestigt. In Absprache mit einem uns bekannten Historiker haben wir uns in der Rekonstruktion für die verbundene Variante entschieden. Möglicherweise war der Reinoldus auf dem Original auch ohne Helm dargestellt, dann wären das, was wir als Kettengeflecht identifiziert haben Locken. Bei genauerer Betrachtung entschieden wir uns, auch weil der Rest des Fragmentes gerüstet ist, für die Interpretation als Kettengeflecht. Zur Befestigung haben wir unseren Reinoldus, wie im Fund beschrieben mit einer Nadel auf der Rückseite versehen, gießen aber den Reinoldus mit Nähösen. Da diese an Stellen an der Rekonstruktion angebracht sind, die nicht am Fragment erhalten sind, ist auch diese Version möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich. Die Nähösen sind von daher eher für uns die einfachere Varianten das Pilgerzeichen an der Kleidung zu befestigen.