Wir alle, die dieses Hobby machen stoßen irgendwann auf das Thema "Authentizität", liebevoll "das Große A" genannt.
Das bedeutet für unsere Ausrüstung oder unser Display ja meistens, dass wir etwas herstellen (lassen) dass dem Original mäglichst nahe kommt. Bei Kleidung und/oder Waffen/Rüstung ist das relativ unproblematisch, aber was machen wir mit unseren Accessoires und dem Schmuck?
Und da kommt das Problem und der Teil mit dem "Dazulernen".
Schon relativ früh in der Schaffensphase für das (immer noch nicht fertige) Pilgerzeichen aus Bad Münder, erhielten wir den Hinweis von Herr Dr. Ansorge, doch bitte unser "Kennzeichen" im Pilgerzeichen mit unterzubringen.
Wie bitte ?! Echt jetzt!? Wir bemühen uns, die Rekonstruktion dem Original so nahe wie mäglich kommen zu lassen und sollen es jetzt verändern, um unser Ego zu pinseln ???
Ganz so einfach ist das jedoch nicht. Wir lernten dazu: Wenn unsere Zinnzeichen (und das gilt für Knäpfe und Schmuck genauso) bei einer Veranstaltung verloren gehen und ein paar Jahre den Elementen schutzlos ausgesetzt sind, verändert sich ihr Aussehen.Und da setzt der Einwand ein: Herr Dr. Ansorge ist Archäologe. Wird ein solches Zinnzeichen dann von einem Archäologen im Rahmen einer regulären Grabung gefunden, stellt unser Zeichen kaum große Probleme dar:
Das Zeichen liegt im archäologischen Fundhorizont des frühen 21. Jh. und ist damit schnell als eine neuzeitliche "Fälschung" identifiziert.
Was aber wenn ein zufälliger Sondengänger das Teil findet? Der ist in der Regel Laie und schaut bei Prof. Google nach. Und siehe da: das ist ein St. Hulpe, der wurde bei Hafengrabungen im Stade ganz viel gefunden. Toller Fund! Datiert auf etwa 1500, wow! Besagter Sondengänger legt den Fund dann (aus dem Fundzusammenhang herausgerissen) einem Experten vor. Der kennt sich zwar schon besser aus, aber ein schneller Blick offenbart noch keine Materialzusammensetzung.
Und hier ist die Krux: auch unser Experte kommt aus Mangel an (Fund-)Zusammenhängen evtl. zu dem Schluss: Das ist ein St. Hulpe aus Stade! Um 1500! Bloss wie kommt der an den Fundort. Unser Sondengänger ist ehrlich und gibt den Fundort preis: eine Wiese an der Burganlage von Zons (immerhin machen wir alle ja unsere Veranstaltungen an historisch sinnvollen Orten). Hat der regionale Pilgerort Steinkirchen bei Stade so einen großen Einfluss gehabt? War es die special Snowflake eines zufälligen Pilgers, der nach Zons gereist ist? Kann man damit eine Verbindung zwischen Stade und Zons damit postulieren ?
Und wenn unser Experte doch davon überzeugt ist, dass es sich um einen Nachguss handelt, tauchen weitere Probleme auf:
Wie dem Sondengänger klar machen? Und geht der Sondengänger vielleicht zum nächsten Experten, der das übersieht, um seine Expertise wertvoller zu bekommen ?
Ohne das jetzt weiter auszuführen: Unser Dazulernen hier bedeutet, dass wir auf der Rückseite eine eindeutige Kennzeichnung unserer Rekonstruktion einfügen (Abb 1). Unser Archäologe (und vielleicht auch der Sondengänger) finden in diesem Fall auf der Rückseite ein recht modern anmutendes "GZ". Meistermarken auf Pilgerzeichen sind nur ganz selten belegt. Unser Sondenfund ist damit ziemlich schnell als neuzeitliche Rekonstruktion entlarvt.
Und wer jetzt behauptet, dass unser Fall rekonstruiert ist: In unseren Gesprächen mit Dr. Kühne ist ein solcher Fall, zwar nicht mit unseren Abzeichen aber mit anderen älteren Nachgüssen, vorgekommen. Und wenn wir uns die Abzeichen anschauen, die gut gepflegt auf unserer Kleidung/Mütze seit inzwischen ein paar Jahren prangen: Die haben ganz schän an Glanz verloren. Ich mag mir nicht vorstellen, welchen Zustand die hätten, wenn sie vor vier Jahren in einer Wiese gelandet wären.