Dazulernen 3 - Darf's ein bissel mehr sein ?

Heute reden wir über Originale

Viele, die Rekonstruktionen oder Repliken von Zinnzeichen haben, berichten davon dass das Zinnzeichen sehr oder gar zu dick ist. Nach unserer Erfahrung sind die Originale nur sehr dünn, meistens maximal 2 mm dick. Die Nachgüsse sind häufig viel dicker. Ein besonders krasses Beispiel: der Nachguss ist 3-4mm dick, das Original etwas unter 2 mm.

Warum ist das so ?

Zum Einen arbeiten die meisten nicht mit den Originalen, wenn sie die Gussform für eine Replik erstellen. Die Vorlagen stehen da zumeist nur als Foto der Vorderseite zur Verfügung. Nur selten gibt es eine Rückseite zusehen und noch viel seltener gibt es eine Seitenansicht.

PZ Bad Wilsnack mit Maßstab

Abb 1: Pilgerzeichen Bad Wilsnack mit Maßstand, um 1500, 33x33mm

Zum Anderen verwandten die Zeichenmacher des Mittelalters eine mehr oder weniger stark bleihaltige Zinnlegierung. Ein Bleianteil im Zinn erhöht die Viskosität des Metalls und vermindert den Schmelzpunkt. Deshalb lässt sich die Form mit einer Blei-Zinn-Legierung auch bei dünneren Motiven besser ausgießen. Da heutzutage ein Zinngießer Blei in seinem Material versucht zu vermeiden, muss er hier einen Kompromiss eingehen. Und der Kompromiss heißt in dem Fall häufig: die Form muss dicker sein. Ein dickeres Motiv gießt sich besser aus.

Zudem darf man nicht vergessen, dass Zinnzeichen - insbesondere im Spätmittelalter - Massenprodukte waren (dazu gibt es den Artikel Dazulernen 4 - "Massenproduktion SpäMi-Edition" )

So musste (nahezu) jeder Guss sitzen. Wir sind heute damit zufrieden, wenn von 5 Güssen 4 gut sind. Ein historischer Zeichenmacher hätte sich damit nicht zufrieden gegeben. Auch da galt schon: time is money.

Fassen wir also zusammen:
heutzutage nachgegossene Zinnzeichen sind häufig zu dick, damit sich die Form ausgießt und weil der Hersteller der Form vermutlich kein Original vorliegen hatte.

und nun zu unserem Dazulernen:
Dank der Ausstellung ist Stade konnten wir Originale betrachten und im Gespräch mit den Experten (Dr. Ansorge und Dr. Kühne) konnte geklärt werden, welche unserer badges zu dick sind und welche passen (Spoiler: der Stader Hulpe ist dünn genug) und was wir ansonsten an den Details der Motive verbessern kännen. Die Originale haben häufig deutlich mehr Relief als auf den Fotos zu sehen ist. Das werden wir bei zukünftigen badges berücksichtigen (Hallo Wilsnack).

Vielen Dank in diesem Rahmen an Herrn Dr. Ansorge für die detailreichen Fotos.


Bildnachweise:


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