Dazulernen 7 - Das ist mein Förmchen!

Vom Erstellen einer Gußform

Heute soll es mal ein wenig mehr introspektiv zugehen:

Heute soll es darum gehen, wie wir Gebrüder Zinngießer ein Zinnzeichen erstellen. Dabei muss man zunächst einmal zwei grundsätzlich verschiedene Prozesse betrachten.

Stellen wir eine Replik/Rekonstruktion eines bestehenden badges her, wollen wir eines selbst erfinden oder ist es eine Auftragsarbeit. Erstes und letztes unterscheiden sich in der Arbeitsweise nicht wirklich und werden daher in diesem Text zusammen erläutert. Im zweiten Beispiel spreche ich auf die Zinnzeichen an, die wir als "Marktabzeichen" bezeichnen oder solche, die einfach nur unserm Spaß dienen (Comm Badge).

8-teilge Model

Abb 2: 8-teilge Gussmodel nach Berger

Zu Beginn braucht man natürlich erst einmal einen Rohling einer Gußmodel. Dazu verwenden wir Speckstein. Verwendet wurde historisch aber auch feinkörniger Kalkmergel, Schiefer oder gar Holz oder Ton. Generell kann man sagen: es wurde verwendet, was vorhanden war. Aber auch vom Transport geeigneter Materialen über weite Distanzen wird berichtet. Der Rohling ist für ein badges in der Regel zwei- oder dreischalig (z.B. wenn hinten ein Pin dran ist).

Um den Rohling zu erstellen, wird der Stein zersägt und die später aufeinanderliegenden Flächen möglichst Plan geschliffen. Die Flächen sollten möglichst wackelfrei aufeinander passen. Dann überlegt man sich, auf welche Seite das Motiv kommt, welche als Rückseite dient. Bei dreischaligen Modeln ergibt sich das von selbst. Damit die Schalen der Model nicht während des Gusses gegeneinander verrutschen können, müssen nun die sog. Passstifte ergänzt werden. Dazu bohrt man mit einem dünnen Bohrer in den Teil, der das Motiv haben soll, zwei oder mehrere L-förmige Löcher. Der eine Schenkel des L wird von der Seite in den Stein gebohrt, der zweite von der Fläche aus, die das Motiv tragen wird. Dabei sollte man schon einplanen, wie das Motiv nachher eingraviert werden soll, damit die Passstifte nicht im Weg sind. Im Gegenstück der Model wird dann an der Stelle, an der die L-förmige Bohrung herauskommt eine kleine Vertiefung mit einem deutlich größeren Bohrer gebohrt.

Die Vertiefung ist nur 1-2 mm tief. Nun legt man die so vorbereiteten Modelteile passgenau aufeinander und gießt Zinn von der seitlichen Bohrung aus ein und lässt es erstarren (Abb 1). Bei dreischaligen Modeln sollte man mit dem Teil beginnen, der nicht das Motiv trägt, dann wird der Vorgang mit dem Doppelteil und dem Motivteil wiederholt.

Dieser Vorgang kann dann beliebig fortgeführt werden. Es sind Gussmodeln mit bis zu 8 Teilen bekannt (Abb 2). Als Ergebnis hat man dann einen Rohling für eine Gussmodel.

Starten wir beim Motiv einmal mit dem Einfacheren: Der Replik/Rekonstruktion bzw. der Auftragsarbeit, hier am Beispiel des Pilgerzeichens von Bad Münder am Deister (Abb 3).
Hierbei gibt es eine Vorlage, die möglichst genau nachgearbeitet werden muss. Dabei ist die Vorlage entweder bereits gut genug vorhanden um sie zu übernehmen oder - im Falle einer Rekonstruktion wie der Reinoldus - muss zunächst ergänzt werden. Im Falle einer Auftragsarbeit ist die Vorlage zumeist als Bild vorhanden und gut genug für die Herstellung. Bei einem Originalfund ist in der Regel ein wenig Recherche notwendig. Aber da wir uns die ja zumeist selbst aussuchen, nehmen wir nur solche Originale, in denen der archäologische Originalfund perfekt oder nahezu perfekt erhalten ist. Wir bearbeiten dann am Rechner das Bild des Originalfundes nur insoweit, dass schlecht sichtbare Anteile (Schrift o. ä.) mit Linien besser sichtbar gemacht und verbogene oder abgebrochene Teile gerichtet oder ergänzt werden (Abb 4). Diese Datei wird dann, wenn fertig, zunächst gespiegelt (ganz wichtig!!) und in Originalgröße ausgedruckt, in der Regel mehrfach. Da alle weiteren Schritte genauso sind, wie bei einem Fantasie-Motiv, gehe ich erst einmal darauf ein.

Rekonstruktion Bad Münder

Abb 4: Rekonstruktion des Fundes

Beim Erstellen eines Gussmodel für ein Fantasie-Motivs habe ich zwei verschiedene Herangehensweisen. Bei der einen stelle ich mir am Rechner aus passenden Teilen ein gesamtes Motiv zusammen und gehe danach vor wie bei einer Rekonstruktion. Bisweilen kopiere ich mir aber auch nur den Umriss auf den Rohling und arbeite danach freihändig die eigentlichen Details nach. Das hängt davon ab, wie aufwändig das spätere badge ist.

Kommen wir also nun zur Übertragung auf die Model.

Es gibt hier mehrere Möglichkeiten das zu übertragen, ich verwende meist die "Nadelmethode":
Dabei lege ich den Ausdruck auf die Gussmodel auf. Die Passstifte schneide ich mit einem scharfen Messer (Skalpell) aus, damit bleibt der Ausdruck des Motivs an Ort und Stelle. Nun steche ich das Motiv durch das Papier auf die Gussmodel durch. Dabei sollte man darauf achten, dass man nicht zu viel gleichzeitig überträgt, sonst hat man auf der Model nur noch Einstiche, kann diese aber nicht mehr dem Motiv zuordnen. Zunächst reicht also der Umriss. Dann grabe ich die äußere Form des Motives aus. Da die meisten originalen Tragezeichen maximal 2mm dick sind, sollte man hier nicht zu tief arbeiten. 1-1,5mm reichen zunächst.

Und dann beginnt die eigentliche Arbeit an der Gussform. Ist das grobe Motiv geschnitten, sollte man mit ersten Gussversuchen beginnen. Füllt sich die Grundform gut aus ? Gibt es Lufteinschlüsse ? In dieser Phase sollte man auch die Eingusskanäle und Entlüftungen setzen.

"Läuft" die so erstellte Form gut, kann man sich an die feinen Details machen (Abb 5). Diese füge ich in der Regel freihändig hinzu. Dafür benötigt es eine ruhige Hand und wenn danach die Form sich nicht gut ausgießen lässt, so hat man die feinen Details umsonst eingraviert.

Gerade die letzten beiden Schritte können unter Umständen sehr frustrierend werden und benötigen einiges an Erfahrung. Stellschrauben dafür, dass die Form sich gut ausfüllen lässt sind die Dicke der Form, das Material der Gussform, die Anzahl und Lage der Entlüftungskanäle, die Anzahl und Lage der Zuläufe und zu guter Letzt die Zinnlegierung.

Testguss

Abb 6: Testguss

Oftmals liegt es nicht an der Anzahl der Zuläufe oder Entlüftungen, häufig ist es die Lage, wenn eine Form nicht richtig ausgegossen wird (Abb 6). Daher sollte man eine Reihe an Probegüssen machen und diese genau betrachten. Häufig findet man dann auf allen Probegüssen denselben Fehler. Wir versuchen dann nachzuvollziehen, wie das Zinn in der Form läuft. Gussfehler entstehen dann, wenn Luft nicht mehr entweichen kann. Eine Entlüftung an der richtigen Stelle oder das Verschließen eines Zulaufs kann das Problem dann beheben.

Zudem beeinflusst die Zusammensetzung der Zinnlegierung die Gussergebnisse enorm. Wir arbeiten derzeit nur mit bleifreiem Zinn, was bei einigen Formen sehr frustrierend ist. Zum Bleigehalt der originalen Zinnzeichen empfiehlt sich die Lektüre unseres Dazulernen 6.

Daher werden wir wohl doch einmal einen Guss mit bleihaltigem Zinn versuchen und erwarten deutlich bessere Ergebnisse gerade bei sehr dünnen Zinnzeichen.




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