Dazulernen 8 - Die Model geht solange in den Guss, bis sie bricht.

Von kaputten Gußformen

Heute soll es mal über die Haltbarkeit von Gussmodeln gehen:

Model aus Sepia

Abb 2: Gussform aus Sepia-Schale

Genauer um die der permanenten Modeln. Dass wir aus dem Mittelalter überlieferte Gussmodeln haben, zeigt dass die wohl ziemlich lange halten. Natürlich findet man unversehrte Gussmodeln wie im Madgeburger Gussformenfund (Berger) oder die Funde vom Mt St. Michel (Labaune-Jean) aber viele Funde sind Funde, in denen die Steine weiterverwendet wurden. Ein Beispiel ist die Gussmodel eines Pilgerzeichens aus Bad Wilsnack (Abb 1). Die Abnutzungsspuren weisen darauf hin, dass die Model evtl. als Pflasterstein ein neues Leben gefunden hat. Soweit zu Gussmodeln aus Stein. Modeln aus anderem Material sind jedoch eher selten gefunden wurde. Gewisse Berühmtheit hat die Model aus der Schale eines Tintenfischs (Abb 2). Zudem gibt es Rezepte für Mischungen aus Lehm und Ton für verlorene Formen. Natürlicherweise sind diese nicht mehr zu finden, bzw kann man anhand der Scherben nicht mehr sicher nachweisen, ob es eine Model war oder Abfall. Manche Gussarbeiten zeigen uns, dass zumindest teilweise Modeln aus Holz gefertigt wurden. Dort kann man die Maserung auf dem Guss erkennen.

Man kann also davon ausgehen, dass eine Model aus Stein sehr lange hält und auch benutzt wurde, bis das Motiv "aus der Mode kam" Was aber, wenn die Model doch einmal kaputt geht?
Wir gehen heute davon aus, dass nur selten der Zeichenmacher die Model selbst herstellte. Aktuel geht man davon aus, dass die meisten Formen von spezialisierten Formenbauern oder von Goldschmieden hergestellt wurden. Sogar einen Preis kennt man: In Gettorf werden 1492 zwei Modeln für Georgspilgerzeichen für 22 Schilling verkauft. (Katalog zur Pilgerspuren-Ausstellung S. 443, Stade 2020).

Eine ganz besondere Geschichte erzählen uns jedoch die Pilgerzeichen aus Alt-Krüssow (Abb 3). Alt-Krüssow ist eine Transitwallfahrt auf dem Weg nach Bad Wilsnack. Auf dem Pilgerzeichen ist ein Gussgrat zu erkennen, der einmal von oben nach unten durch das Motiv verläuft. Der Grat ist an keiner Stelle, an der man eine Grenze zwischen zwei Teilen der Gussmodel erwarten würde oder bräuchte.

Wo kommt der also her ?

Pilgerzeichen aus Krüssow, Fundort Seehausen

Abb 4: Pilgerzeichen aus Krüssow, Fundort Seehausen

Aufmerksame Leser unserer Kolumne werden hier messerscharfe Schlüsse ziehen. Daher lösen wir das hier auf: Die Gussform scheint an der Stelle einen Fehler zu haben. Anhand unserer Erfahrungen gehen wir davon aus, dass die Form an der Stelle gebrochen ist und geflickt wurde. Ist der Bruch sehr glatt bemerkt man das gar nicht. Je mehr Material an der Bruchstelle verloren ging, desto mehr sieht man im Gussergebnis die Flickstelle. Und jetzt kommt es: Es gibt vom Pilgerzeichen mehrere modelgleiche Funde. Und die Pilgerzeichen zeigen ganz leichte Veränderungen am Gussgrat. Als würde der Bruch sich mit der Zeit verschlimmern, wird der Grat ausgeprägter. Es gibt vier Pilgerzeichenfunde mit dem Krüssower Motiv. Die Pilgerzeichen von den Fundorten Greifswald (Abb 3) und ehem. Kloster Seehausen (heute Mühlhausen/Abb 4) zeigen einen leichten Gussgrat. Dagegen zeigen die beiden Funde aus Grützow (Abb 5) und Mirow (Abb 6) einen ausgeprägten Grat.

Alle Zeichen sind in derselben Model gegossen worden, aber vermutlich mit einem zeitlichen Versatz in dem die Model weiter gelitten hat.

Das ganz ist in sofern spannend, als dass wir mit zerbrochenen Formen auch schon zu tun hatten und uns überlegt haben, ob man die nicht flicken könnte (Abb 7). Als Lösung haben wir die Technik der Passstifte dazu anzupassen. Wir haben also in beide Bruchstücke in die Bruchfläche beidseitig fast exakt gegenseitig ein Loch zu bohren. Im zweiten Schritt haben wir dann quer dazu eine Bohrung vorgenommen.

Pilgerzeichen aus Krüssow, Fundort Mirow

Abb 6: Pilgerzeichen aus Krüssow, Fundort Mirow

Es entsteht ein L-förmiges Loch in jedem Bruchstück der Form. Setzt man dann die Bruchstücke zusammen und füllt die Löcher mit Zinn auf, so werden beide Bruchstücke mit einem U-förmigen Zinnstück verbunden (Abb 8).

Eine so geflickte Gussform ist bei uns seit einiger Zeit im Einsatz und ist bisher genauso leistungsfähig wie die ungeflickten Formen. Interessanterweise ergeben sich dabei genau die Gussgrate, die wir auf den Pilgerzeichen aus Alt-Krüssow sehen.

Da wir bisher keine geflickten Gussform in der archäologischen Fundmasse haben, kann natürlich nicht mit Gewissheit gesagt werden, dass Formen wenn nötig auf diese Weise geflickt wurden. Dennoch wäre es plausibel, dass Gießer die Technik der Passstifte auf das Flicken von Gussformen erweiter haben, ganz genau, wie wir das gemacht haben.

















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